Erst mit dem Aufkommen neuer Computer sollte sich alles ändern. Nun war es möglich, erstmals auch mit einer Computersimulation Zähne zu verschieben und diese als Modelle produziert als Grundlage für Zahnschienen herzustellen. Die Idee stammt von einem Patienten, der gemerkt hatte, dass sich die Zähne in ihre alte schiefe Stellung zurückverschoben hatten, wenn er seine nächtlich zu tragende Halteschiene vergessen hatte. So dachte sich dieser Software-Spezialist, dass es dann auch möglich sein müsste, eine Zahnfehlstellung mit diesen Kunststoffschienen korrigieren zu können.

Die Firma Align Technologie entstand und revolutionierte die kieferorthopädische Welt (seit 2001 in Europa). Im CAD/CAM-Verfahren (= Computer added design/Monitoring) wurden die Schienen hergestellt, ohne dass der Patient für die erforderlichen Zwischenschritte extra Abdrücke über sich ergehen lassen musste. Nun folgten viele diesem Ziel. Die meisten jedoch sind bis heute mit diesem Verfahren nicht annähernd vergleichbar. Die Namen dieser Firmen mögen sich zwar sehr verführerisch anhören, so wie Alphalign oder Harmonieschiene Clear-Aligner u.v.m. Allen diesen Verfahren ist jedoch gemeinsam, dass die Zahnumstellung nicht über eine CAD/CAM-Systematik verfügt, die für den behandelnden Arzt berechenbar und kalkulierbar ist. Letztendlich wird dann vom Zahntechniker im Labor entschieden, wie groß die Behandlungsschritte sind und wo der Zahn hinbewegt wird.

Die einzigen derzeit verfügbaren vergleichbaren Systeme neben Invisalign® sind Orthocaps und eCligner.

Was ist der Unterschied? Orthocaps-Schienen sind pro Behandlungsschritt in eine Nachtschiene, die sehr dick, aber elastisch ist, und in eine viel dünnere tags zu tragende Schiene aufgeteilt. Die Nachtschiene ist bei der Korrektur für beide Kiefer nach Ansicht des Autors ziemlich groß, so dass sich der Mundschluss des Patienten ändern kann.

Das Monitoring der Behandlungsschritte ist ebenfalls nicht gegeben. In der Ausführung der CAD/CAM-Produktion ähneln die Orthocaps-Schienen sehr den Anfängen der Invisalign®-Produktionen. Der einzige Vorteil, den der Autor in dieser Technik sieht, ist, dass diese Schienen mitunter etwas preisgünstiger sein können.

Die neuen eCligner verfügen ebenfalls nicht über ein so vorbildliches Monitoring wie der ClinCheck bei der Invisalign®-Technik. Sie haben jedoch einige Vorteile aufzuweisen. So werden in der Regel 4-10 Behandlungssequenzen mit jeweils drei Schienen unterschiedlicher Dicke (0,5 mm 0,65 mm 0,75 mm) je wöchentlich getragen. Diese bedecken nicht nur die Zähne, sondern ragen über das Zahnfleisch hinaus. Dadurch entsteht ein Saugeffekt, der zusätzlich die Zahnbewegung unterstützt. So kann auf die Applikation von Attachments verzichtet werden. Prämolaren sind jedoch dann nicht ausrotierbar. Die zu den einzelnen Schritten notwendigen Modelle werden dem Behandler als Therapiestütze mitgeliefert. Dies erspart bei rechtzeitigem Einlenken sonst notwendige CaseRefinements, da der Kieferorthopäde in seinem Labor genügend neue Aligner tiefziehen kann. Auch scheint es so, dass die schwierige transversale Zahnbogenentwicklung mit den eClignern besser therapierbar ist als mit anderen Schienensystemen. Demgegenüber ist durch die auf bis zu 1 mm ausgedehnten Schritte insbesondere beim Schließen des offenen Bisses mit ähnlich ausgeprägten Zahnwurzelspitzenresorptionen zu rechnen, wie sie bei der festen Zahnspange üblich sind.

Aus den oben genannten Gründen und weil der Autor mit ca. 500 Invisalignfällen hier über die meiste Erfahrung verfügt, sind alle in diesem Buch aufgeführten Korrekturen mit dem Invisalignsystem behandelt worden.

Die Materialeigenschaften der Aligner setzen den gewünschten orthodontischen Bewegungen sicherlich auch Grenzen, so dass es manchmal sinnvoll ist, diese neue Technik mit Teilen der herkömmlichen Kieferorthopädie zu unterstützen. Im Wesentlichen sind jedoch fast alle Zahn- und Kieferfehlstellungen damit therapierbar. Zum Teil, so insbesondere bei der Behandlung von parodontal geschädigten Gebissen, verschiebt die Alignertherapie die Grenzen des kieferorthopädisch Machbaren sehr weit nach vorne.

Was wird in der Zukunft passieren? In der Zukunft wird es sicherlich noch viele weitere Schienensysteme auf dem Markt geben, mit denen CAD/CAM-gesteuerte Zahnbewegungen möglich sind.

Wie der Autor in einem Fachbeitrag „Behandlungssysteme im Vergleich“ schon 2009 geschrieben hatte, wird in der Praxis der Zukunft sicherlich das dreidimensionale Röntgenbild die Arbeitsgrundlage für jede kieferorthopädische Behandlung sein. Alle anatomischen Strukturen, wie Knochen, Zahnkrone und Zahnwurzel sowie die Versorgungs- und Nervenbahnen, werden direkt in die Therapieplanung einbezogen. Es wird nicht einmal mehr notwendig sein, Abdrücke zu nehmen. Bewegungsröntgenbilder werden den Artikulator ersetzen. Die Schienen werden auf der Basis der Datenlage der digitalen Röntgenbilder direkt hergestellt. Eine bestmögliche patientenorientierte, schonende Therapie unter Berücksichtigung des gesamten orthodontischen Umfeldes und der benachbarten Funktionen wie Atmung etc. wird dann eine Selbstverständlichkeit sein.

Wir sind gespannt auf die Zukunft.

Bewertungen / Erfahrungsberichte